
Der Frühling ist da. Das heißt, die Menschen steigen wie jedes Jahr von Pulli auf T-Shirt um und aus den Stiefeln heraus hinein in die Flip-Flops. Doch der Beginn der warmen Jahreszeiten ist nicht nur die Zeit der leichteren Kleidung. Es ist auch der Anlass, sich für den Blick in den Spiegel mal wieder etwas mehr Zeit zu nehmen. Das wissen auch die Fitnessstudios, die jetzt nicht mehr den „Winterspeck“ bekämpfen, sondern den „Frühlingsrollen“ den Krieg erklären. Aber besonders präsent sind im Frühling die vielen Ratgeber im Internet und im Zeitschriftenladen, die wilde Thesen darüber aufstellen, in wie vielen Wochen ich es bis zur Bikinifigur schaffe. Ich frage mich immer, wie sie das so genau wissen können, ohne eine Ahnung davon zu haben, ob ich aktuell eher Regencape-Körper trage oder schon bei Capri-Hosen-Knackarsch angekommen bin.
Warum abnehmen?
Den besten Ratgeber zur Bikinifigur habe ich vor ein paar Jahren zufällig im Internet entdeckt. Es war ein kurzer Spruch: „So schaffst du es in zwei Minuten zur Bikinifigur: Bikini anziehen, fertig.“ Ist das nicht ein herrlicher Humor und eine wunderbar entspannte Art, den Frühling zu genießen?
Natürlich ist es nicht so einfach, wenn man sich in seinem Körper nicht wohlfühlt, einfach in den knappen Zweiteiler zu schlüpfen und nicht darüber nachzudenken, wie es den Mitmenschen gefällt. Aber trotzdem ist an dem Spruch viel Wahres dran. Denn nicht nur in meinem Bekanntenkreis auch in meiner Arbeit als Persönlichkeitstrainerin begegnen mir viele Menschen, die gerne abnehmen würden. Es sind Menschen, die über 100 Kilo wiegen, es sind Menschen mit ein paar Pfunden zu viel, es sind Menschen, die nach gesundheitlichen Gesichtspunkten kein Gramm Fett zu viel haben und es sind Magersüchtige, die den spargeldünnen Menschen im Spiegel für einen dicken halten.
Dann gibt es zum Beispiel auch die Menschen, die über 100 Kilo wiegen, ein paar davon abnehmen und sich pudelwohl fühlen. Nicht vergessen dürfen wir auch die Menschen, die sich einfach rundum wohlfühlen, ganz egal, wie viel sie wiegen. Das alles macht doch so deutlich, dass das Wohlfühlgewicht wenig mit den Zahlen auf der Waage zu tun hat. Es ist also der falsche und zumeist ein frustrierender Weg, einfach nur diese Zahlen verändern zu wollen.
Seinen Körper selbst akzeptieren
Der Blick, den wir unserem Spiegelbild schenken, muss ein anderer werden, ein wohlwollender. Doch das funktioniert nicht mal eben so von heute auf morgen: Wir müssen uns Zeit für uns, unseren Körper und unsere Zufriedenheit nehmen. Denn unsere Unzufriedenheit vor dem Spiegel ist nur ein Symptom für die Unzufriedenheit in einem anderen Bereich. Wer in allen Lebensbereichen in sich selbst ruht und zufrieden ist, der kann auch die Dellen und Rundungen des eigenen Körpers gut aushalten.
Wie bei so vielem gilt: Übung macht den Meister. Vielleicht ist es etwas ungewohnt, aber versuche mal, dich viele Minuten lang nackt im Spiegel zu betrachten. Drehe dich, schaue von oben, unten, hinten und vorne! Versuche, anzunehmen, was du siehst! Das bist du. Du bist völlig in Ordnung so, wie du bist. Wer diese Übung ein paar Mal in der Woche macht, wird feststellen, dass er sich nochmal ganz anders kennenlernt. Wer sich bisher nur im Dunkeln ausgezogen hat, um die Oberschenkel nicht zu sehen, weiß dann ganz genau, wo sie dick, wo sie dünn sind, wo sie Adern und wo sie Dellen haben. Irgendwann kann einen das nicht mehr überraschen. Man kennt sich und seinen Körper und kann beides in Einklang bringen und einfach annehmen. Dabei entstehen außerdem zwei schöne Nebeneffekte: Entweder kannst du plötzlich entspannt in deinem Körper leben, den Bikini überziehen und die Blicke der anderen ignorieren, die vielleicht auch nie da waren? Oder du verlierst plötzlich ganz leicht ein paar Kilos, weil du annehmen kannst, was ist, und dich darauf freust, was sein kann.